Michael Thompson/Bähr als Übersetzter
Das Gestalten eines Neurofeedbacktrainings wird durch Brodmann Areale und Netzwerke bestimmt
Die laterale Ansicht zeigt die Hirnlappen, Brodmann Areale und Elektrodenpositionen im 10-20 System (Gezeichnet von Amanda Reeves und Bojana Knezevic)
Die Nummerierungen der Brodmann Areale gehen von 1-52, aber man sollte nicht verzweifelt nach jeder Zahl suchen, weil es Sprünge gibt, von der 12 zur 17 und von der 47 zur 52. Und zwar deshalb, weil die BAs 14, 15 und 16 Zellregionen in insulären Hirnregionen von Primaten bezeichnen, die beim Menschen nicht vorkommen. Es fehlen also die betreffenden BAs. Ba 13 hingegen wurde von Neuroanatomen auch im menschlichen Cortex gefunden, wo diese Region als Brücke zwischen lateralen und medialen Arealen der Insula fungiert. Weil die Insula eine Einbuchtung des Cortex ist, ist sie weder lateral noch midsaggital sichtbar. BA 13 wurde im Handbuch Teil 1 in die Erläuterungen eingefügt, weil sie eine der Quellen in den LORETA Messungen ist und aus diesem Grunde den Neurofeedbacktherapeuten interessieren muss. Die BAs 49 bis 51 sind beim Menschen nicht vorhanden. BA 48 befindet sich hingegen im Subiculum, einem schmalen Teil der Oberfläche des Temporallappens der zur hippocampalen Region gehört, deshalb ist diese Region im Diagramm nicht sichtbar. BA 49 wird bei Nagetieren gefunden, die BAs 50 und 51 nur bei Affen. Die letzte Region, BA 52, wird dann wieder beim Menschen gefunden. Sie werden diese Region im superioren Temporallappen in der Nähe der Verbindung zwischen Frontal-Temporal und Parietallappen finden.
Funktionale Überlappungen der Brodmann Areale
Die beschriebenen Funktionen basieren auf klinischen Beobachtungen und sowohl publizierten als auch nicht publizierten Arbeiten anderer. Von Vorneherein ist klar, dass eine Funktionszuweisung zu einem einzelnen Brodmann Areal notwendigerweise falsch sein muss, weil alle Funktionen von der Interaktion mehrerer Areale abhängen und niemals einer einzeln agierenden Region zukommen. Es handelt sich nicht um eine moderne Form der Phrenologie (Lehre, die aus der Kopfform auf Persönlichkeitsmerkmale schloss). Dan Lloyd vom Trinity College, Hartford, CT, ist ein Experte für die Bordmann Areale. Er schreibt: “Das typische BA (Brodmann Areal) ist auf verschiedene Art und Weise an 40% des Verhaltens (kognitiv, perzeptiv, emotiv) beteiligt” (Lloyd, 2007, personal communication). Hinter dieser Beobachtung steht die Tatsache, dass jedes Brodmann Areal nur ein Areal von vielen repräsentiert, die an einem oder mehreren Netzwerken beteiligt sind, die cortikale-subcortikale Verbindungen aufweisen; deshalb wird jedes BA in die koordinierte Aktivität mit vielen anderen funktional verbundenen Arealen eingebunden, abhängig von der vom Gehirn zu bewältigenden Aufgabe.
Das könnte einer der Gründe sein, warum Neurofeedbacktherapeuten, die ein simples ein Kanal Training an einer Elektrodenposition wie Cz durchführten, gute Ergebnisse erzielen konnten. Cz liegt beispielsweise oberhalb von BA 4 (primärer motorischer Cortex), BA 4 liegt aber oberhalb von BA 24, dem anterioren Cingulum, das in mehreren Netzwerken von Bedeutung ist.
Wann sollte man ein ein Kanal Training durchführen?
Training an Central Midline Structures
Annähernd 50% der EEG Amplitude unterhalb jeder einzelnen Ableitungsposition, wie etwa Cz, stammt von Neuronen, die unmittelbar unter der Elektrode liegen, 95% der gemessenen EEG Aktivität gehört zu Neuronen im Umkreis von 6 cm Entfernung von der Elektrode (Thatcher, 2012, Nunez et al., 1981, 1995, 2006). Training an „Central Midline“ Ableitungspunkten wie Cz, Fz und Pz beeinflusst höchstwahrscheinlich Schlüsselareale wie den Gyrus Cingularis, die an verschiedenen Netzwerken, wie z.B. dem Exekutiven-, dem Affektiven-, dem Salience- und dem Default Netzwerk, aber auch anderen, beteiligt sind.
Netzwerke synchronisieren die Funktion von Neuronengruppen in mehreren unterschiedlichen, aber miteinander verbundenen Abschnitten des zerebralen Cortex. Das Aufmerksamkeitsnetzwerk, beispielsweise, das ein Netzwerk des übergeordneten Exekutiven Netzwerks ist, wird wahrscheinlich vom Training an Cz beeinflusst. Dieses Netzwerk synchronisiert aber die Funktionen von Neuronen im Frontal- und Parietallappen, dem anterioren Gyrus Cingularis, dem Hippocampus, den frontalen Augenfeldern und dem Sulcus Intraparietalis (Coul and Nobre, 1998). Zusätzlich scheinen Areale zu existieren, die die Aufgabe haben, das Gehirn von einem Netzwerk zum anderen umzuschalten. Beispielsweise ist das Default-Netzwerk ohne Aktivität, wenn das Aufmerksamkeitsnetzwerk arbeitet (Sridharan et al., 2008; Fox et al., 2005). Man vermutet, dass die Insula eine Schalterfunktion besitzt, die das Default-Netzwerk und das Aufmerksamkeitsnetzwerk im Wechsel an oder abschalten kann. (Sridharan, 2008).
Sowohl das Aufmerksamkeits- als auch das Default Netzwerk zeigen merklich schwächere Aktivität während des Schlafes. Der posteriore Gyrus Cingularis zeigt sowohl im Schlaf, als auch in der Narkose eine signifikante Deaktivierung. Diese Beispiele zeigen, wie komplex die Interaktionen der Hirnregionen sind, aber auch, wie es möglich ist, dass ein einzelnes Brodmann Areal zu unterschiedlichen Zeitpunkten an mehreren Netzwerken beteiligt sein kann.
Neurofeedback mit einer referentiellen Ableitung – aktive Elektrode an Cz, Referenz an einem Ohrläppchen – führte, unserer Erfahrung nach, in vielen Fällen zur Beeinflussung verschiedener Netzwerke. Das war möglich, weil Neurofeedback mehrere Areale beeinflusst, die im Anterioren Cingulären Cortex (ACC) liegen. Wie bereits erwähnt ist der ACC eine zentrale Struktur, die an vielen Netzwerken beteiligt ist, inklusive dem Exekutiven (auch Aufmerksamkeits-) Netzwerk, dem Affektiven (inklusive Gefahrerkennung) und dem Salience Netzwerk. Wir haben es uns angewöhnt von Netzwerken im Singular zu reden, aber tatsächlich ist jedes Netzwerk auch eine Gruppe von Netzwerken.
Wenn der Therapeut Neurofeedback zur Verbesserung der Aufmerksamkeit mit Biofeedback zur Entspannung kombiniert und das Herz Raten Variabilitätstraining in sein Training einführt, werden Symptome, die eine Beziehung zu Ängsten haben, wahrscheinlich abnehmen. Wenn der Therapeut das Neurofeedbacktraining mit der Schulung von metakognitiven Strategien (lernen zu lernen) kombiniert, und so Aufgaben bezogen trainiert, wird eine Verbesserung der intellektuellen Leistungsfähigkeit und der im Intelligenztest erreichten IQ Werte zu beobachten sein, die einhergehen mit einem Anstieg der Aufmerksamkeitsspanne und der Konzentration. (Lubar et al., 1995; Thompson & Thompson, 1998; Thompson & Thompson, 2010).
Wir vermuten, dass man komplexe Netzwerke, die die unterschiedlichsten kortikalen und subkortikalen Areale umfassen, ansprechen muss, um solche weitreichenden Veränderungen der kognitiven und affektiven Funktionen mittels eines relativ simplen ein Kanal Training zu erzielen. Tatsächlich ist es möglich, dass ein Kanal Neurofeedbacktraining bei manchen Patienten einen theoretischen Vorteil gegenüber einem Training an mehreren Ableitungspunkten bietet. Durch den Einfluss auf ein Netzwerk von einem singulären Punkt könnte dieser eine Punkt es dem Gehirn erlauben die Abweichungen anderer Netzwerke zu kalibrieren.
Zusätzlich verhindert das Neurofeedbacktraining an einer Position, dass wir falsche Entscheidungen darüber treffen, welche Hirnbereiche beim Klienten „normalisiert“ werden sollen durch ein Z-Score gelenktes LORETA Neurofeedbacktraining. Man könnte argumentieren, dass ein Kanal Neurofeedbacktraining eine ausbalanciertere Methode ist, um das Hirn und seine Aktivität zu verändern. Es vermindert das Risiko, dass man Werte aus der Datenbank “verbessert”, die als kompensatorische Hirntätigkeit dienten oder gar als Zeichen einer besonderen Begabung. Dieses theoretische Dilemma kann nur durch jahrelanges Sammeln von Daten und zusätzliche Forschung ausgeschlossen werden.
Warum sollte man LORETA Z-Score NFB benutzen?
Trotz alledem will der Anwender in komplexen Fällen präziser arbeiten und versuchen, Regionen des Gehirns zu beeinflussen, die tiefer im Gehirn liegen. Er möchte eventuell gleichzeitig mehrere unterschiedliche Parameter wie Amplitude, Phase und Kohärenz trainieren. In solchen Fällen benutzen wir LORETA Z-score Neurofeedback (LNFB).