wird nötig, wenn ein Kind aus unersichtlichen Gründen Probleme beim Lesen, Schreiben oder Rechnen hat. Es heißt dann, das Kind habe eine LRS, eine Legasthenie, oder, wenn die Probleme das Rechnen betreffen, eine Dyskalkulie.
Diese Lernprobleme treten fast immer in Folge oder in Verbindung mit verschiedenen Auffälligkeiten im Bereich des Sehens, des Hörens und der Motorik auf. Viele Kinder, die Schulprobleme haben, geraten schnell in einen Teufelskreislauf aus schulischem Versagen, Selbstwertgefühlsstörungen und Motivationsverlust. Da die Eltern und die Lehrer gewöhnlicherweise schnell auf die Schulprobleme reagieren und vergeblich versuchen die Defizite des Kindes durch den Wunsch nach noch eifrigerem Lernen auszugleichen, kommt es häufig zu Konflikten, die schließlich das gesamte Umfeld des Kindes betreffen.
Lerntherapie ist die Antwort auf dieses vielschichtige Problem. Auf der einen Seite muss der Lerntherapeut die möglichen Ursachen solcher Probleme kennen, und zu therapieren verstehen, er muss aber auch in der Lage sein, das gesamte Umfeld des Kindes soweit zu beeinflussen, dass Lernerfolge wieder möglich werden und dass die Lust am Lernen, die an und für sich jedes Kind mitbringt, wieder geweckt wird.
Lerntherapeuten sind also Spezialisten für alles, was das Lernen angeht. Wahrnehmungsprobleme, Aufmerksamkeitsprobleme, motorische Entwicklungsprobleme, aber auch das Wissen um die beste Vermittlung von Strategien, die für das jeweilige Kind sinnvoll sind, um besser Lernen zu können, sind das Rüstzeug des Lerntherapeuten.
Dabei gibt es verschiedene Lehrrichtungen. Es gibt so genannte symptomorientierte Verfahren, die die Rechtschreib – und Leseprobleme durch die Vermittlung anderer Lerntechniken vermitteln und es gibt ursachenorientierte Verfahren, die die Lernprobleme von immerhin 15% aller Kinder jeder Jahrgangsstufe als die Folge von ausgelassenen Automatisierungen des Sehens, des Hörens und der Motorik sehen.
Ein solches Verfahren ist das Warnke Verfahren, mit dem wir begonnen haben.
Es zeigt sich aber, dass die Lernprobleme oftmals so komplex sind, das es nicht die eine, immer passende Therapie gibt. Aus diesem Grunde haben wir Psychotherapie, Neurofeedbacktherapie und das Vermitteln von Lernstrategien der Ursachentherapie hinzugefügt. Wir sind jetzt Mitglieder im Fachverband integrative Lerntherapie, weil wir hinter einem integrativen Therapiekonzept stehen.
Lerntherapie ist also keine Nachhilfe. Es ist eine Arbeit von Spezialisten, die eine lange Ausbildung durchlaufen haben. Kennzeichen von echten Lernstörungen ist, dass Üben nichts hilft. Hier muss der Lerntherapeut wissen, was das Lernverhalten stört, was die Lernfähigkeit einschränkt, obwohl das Kind eine normale Intelligenz besitzt.
Weder Kinderärzte noch Logopäden, noch Ergotherapeuten kennen das, das Lernen und seine Vorbedingungen betreffende Feld, so umfassend, wie es Lerntherapeuten tun. Lerntherapeuten sind die einzige Berufsgruppe, die völlig spezialisiert ist auf alle das Lernen betreffende Bereiche. Deshalb gehört die Befundung der Lernstörung in die Hand des Lerntherapeuten, der in der Regel mit entsprechenden Fachärzten zusammenarbeitet.
Noch ist die Lerntherapie nicht so etabliert wie andere Fachgebiete. Das wird sich in Zukunft ändern. Weil das Ziel Verbesserungen im Bereich des Lernens ist, sind Krankenkassen nicht zuständig. Die Jugendämter fördern Lerntherapien, wenn die Voraussetzungen nach § 35 a KJHG gegeben sind (Wiedereingliederungshilfe von seelisch gefährdeten Jugendlichen). Oft aber müssen die Therapien selbst gezahlt werden. Die Kosten solcher Therapien liegen in anderen Praxen oft zwischen 200 € und 240 € im Monat. Das Geld ist aber immer gut angelegt. Kinder mit Lernstörungen (Lese-Rechtschreibprobleme, AD(H)S, Verhaltensauffälligkeiten) können durch eine Lerntherapie, die an den Ursachen der Probleme arbeitet, doch noch eine erfolgreiche Schullaufbahn einschlagen. Das hat sich in unzähligen Fällen gezeigt.
Genügt nicht auch Nachhilfe oder Lernförderung durch ehrenamtliche Kräfte?
Manchmal ist das der Fall. Eine echte Lernstörung zeigt sich aber eben dadurch, das alles Üben nichts hilft. Im Gegenteil, die Kinder haben in der Schule extra Förderung, sie hatten bereits Nachhilfelehrer. Jetzt kommt noch eine „Hilfe“ dazu, die keine Verbesserung erzielt. Dadurch kommt es beim Kind zu Versagensgefühlen, die die Ausgangsproblematik verschlimmern.
Eine echte Lerntherapie ist etwas ganz anderes. In ihr wird an den Ursachen und an den bereits eingetretenen seelischen Folgen der Probleme gearbeitet. Dazu müssen aber gut ausgebildete Fachkräfte zur Verfügung stehen.
Lese – Rechtschreibschwäche und deren konventionelle Befund und Therapie
„Lese-Rechtschreibschwäche bezeichnet Störungen, deren Hauptmerkmal eine ausgeprägte Beeinträchtigung der Entwicklung der Lese- und Rechtschreibfähigkeit ist, die nicht durch eine allgemeine intellektuelle Behinderung oder durch inadäquate schulische Betreuung erklärt werden kann.“
(Prof. Andreas Warnke „Legasthenie und Hirnfunktion, Hans Huber Verlag Bern, 1990)) lautet die offizielle Definition für Lese- Rechtschreibschwäche. Diese Definition zeigt schon, dass man zur Beschreibung der Störungsbildes nur auf Teilbereiche der Symptomatik schaut.
Dementsprechend wird die LRS in der Regel durch einen genormten Rechtschreibtest ermittelt, zum Beispiel die diversen DRT, in denen vom Kind einzelne Wörter geschrieben werden müssen, die anschließend vom Therapeuten anhand einer Schablone ausgewertet werden. Die Tests ermöglichen eine Befund der Fehlerarten und weisen den Leistungen des Kindes eine Prozentrangstufe zu, die den Therapiebedarf benennt.
Zweites Testinstrument ist in der Regel ein Lesetest, z.B. der Zürcher Lesetest,
Unserer Erfahrung nach werden durch diese Standardtests, die wir auch durchführen, nur die Symptome, die bereits bekannt sind, bestätigt. Tatsächlich zeigen betroffene Kinder und Jugendliche in der Regel bestimmte Auffälligkeiten, die die These bestätigen, dass die Schulprobleme letztendlich die Folge eines Automatisierungsdefizites sind, das die Bereiche Hören, Sehen und Motorik betrifft. So sieht es auch die internationale Forschung.
“In fact we found that even after accounting for age and IQ, subject’s sensitivity to visual motion and to auditory frequency and amplitude modulation together account for a significant proportion of the variance in reading skills. In other words the quality of teaching a child receives, or the amount of access to books or other social and cultural influences may play a less significant part in their reading development than used to be thought. Instead individual differences in the brains ability to carry out her basic physiological processes may be crucial. This does not mean that teaching is not important – only that their influence depends greatly on a child’s basic perceptual capacities.”
Mit anderen Worten: eventuell ist ein Lese- und Rechtschreibtraining nicht ausreichend zur Therapie der beschriebenen Probleme, weil es die Ursachen der Störung nicht beseitigt.
Wir testen also wesentlich umfangreicher und benutzen dazu den von der Firma MediTECH entwickelten „Erweiterten Prüfablauf“, EPA, (Warnke/Scholz, MediTECH
2003). Der Test dauert zwei Stunden, wobei eine zusätzliche Stunde für ein Vorgespräch eingeplant werden muss, bei dem die möglichen Ursachen der Probleme bereits eingegrenzt werden..
Die Tests entsprechen den wissenschaftlich fest gestellten möglichen Ursachen der Lese- und Rechtschreibprobleme, aber auch den resultirenden Aufmerksamkeitsproblemen. Sie sind systematisch aufgebaut und beginnen bei der Reizverarbeitung: visuell und auditiv, dem Richtungshören und der motorisch auditiven Koppelung, gehen über Silbenmerkfähigkeit und Merkfähigkeit von Sätzen zur Merkfähigkeit längerer Texte. Gemessen wird die auditive Diskriminationsfähigkeit und das Hören vor Störgeräuschen, die Blicksteuerung, die exakte Blickverfolgung, die visuelle und auditive Merkfähigkeit, Winkelfehlsichtigkeit, Vernetzung der Hirnhälften, koordinative Fähigkeiten und das Vorliegen frühkindlicher Reflexe. Schließlich wird anhand eines QEEG das Vorliegen einer physiologisch abweichenden Aktivierung bestimmter Hirnareale, die mit Aufmerksamkeitsstörungen einhergehen, geprüft.
Das Training Warnkes umfasst 8 Low-Level Funktionen, die alle trainiert werden müssen.
1: visuelle Ordnungsschwelle
2: auditive Ordnungsschwelle
3: Richtungshören
4: Tonhöhenunterscheidung
5: Augen Hand Koordination als Finger Tapping
6: Wahl-Reaktionszeit
7: Mustererkennung
8: Mustererkennung langer Töne
Zu 1 und 2 heißt es bei Fred Warnke: Visuelle, auditive Ordnungsschwelle
„Schon in den frühen achtziger Jahren hat Prof. Ernst Pöppel…grundlegende Untersuchungen zur Ordnungsschwelle vorgestellt…Sein Kollege Professor Kegel…hat den Zusammenhang zwischen der Ordnungsschwelle und der sprachlichen Kompetenz des Menschen erforscht…Nur wenn unser Gehirn in der Lage ist, diese Zeitabstände einzuhalten…können wir Sprache mühelos wahrnehmen und verstehen.“ (Fred Warnke, Information für Eltern, 2006)
Zu 3: Richtungshören
„Für die meisten Menschen ist es selbstverständlich, dass sie auch mit geschlossenen Augen die Richtung eines herannahenden Autos wahrnehmen oder sich inmitten vieler sprechender Menschen auf den jeweiligen Sprecher konzentrieren können. In der Schulklasse ist diese Fähigkeit von besonderer Wichtigkeit. Der weitgehend unvermeidliche Geräuschpegel in ruhigen deutschen Schulklassen liegt bei etwa 50 dB(A), in lebhafteren Klassen eher bei 60 dB(A). Je besser sich ein Schüler auf die Richtung der Stimme des Lehrers oder des gerade antwortenden Mitschülers konzentrieren kann, die sein Ohr nur mit 60 … 65 dB(A) erreichen, desto leichter fällt es ihm, dem Unterrichtsgeschehen zu folgen, ohne sich durch diese Störgeräusche ablenken zu lassen.
Wenn aber ein Schüler…diese Fähigkeit…nur unzureichend besitzt, wird er durch diese Störgeräusche…so abgelenkt, dass er einen Teil der…Informationen nicht versteht und das Unverstandene aus dem Zusammenhang ergänzen muss. Diese Schüler gelten dann als unaufmerksam oder leicht ablenkbar. Professor Jens Blauert hat dieses Phänomen gründlich beschrieben und als wesentliche Voraussetzung…die genaue Auswertung der Laufzeitunterschiede zwischen den beiden Ohren dargestellt…Diese Laufzeitunterschiede werden von unserer zentralen Hörverarbeitung automatisch ausgewertet. Bei sprachauffälligen Kindern ist diese Fähigkeit oft beeinträchtigt.“ (ebenda)
Zu 4: Tonhöhenunterscheidung
„Um Sprache zu verstehen muss der Mensch „Sprechlautstärke, Sprechrhythmus, Sprechmelodie und Sprechgeschwindigkeit…hören und beherrschen…Wichtigste Voraussetzung für eine „effiziente“ Prosodie ist natürlich die Fähigkeit, diese kleinen Tonhöhenunterschiede in der eigenen Sprache überhaupt wahrzunehmen…Erfreulicherweise lässt sich auch diese Fähigkeit trainieren. Eine umfängliche Studie des Professor Meyer von der…weist unter anderem beispielsweise nach, dass 67% der getesteten Musiker, die ein Streichinstrument spielten, noch Tonintervalle von 0,4% voneinander unterscheiden konnten…Diese Werte hatten sie als Kinder gewiss noch nicht besessen, sondern erst durch Übung erreicht.“ (ebenda)
Zu 5:
Synchrones Finger-Tapping
„Unter dem synchronen Finger Tapping verstehen wir die Fähigkeit, zu einer Folge von raschen Links-Rechts-Klicks zeitgleich abwechselnd mit den Fingern zu klopfen. Sie ist höchstwahrscheinlich ein Maß effizienter Koordination der beiden Hirnhälften. In mehreren Untersuchungen hat Prof. P.H. Wolff von der Universität Harvard an Schülern unterschiedlichen Alters bestätigt gefunden, dass LRS Kinder im Vergleich zu der Kontrollgruppe gutschreibender Kinder erheblich größere Schwierigkeiten hatten, wirklich synchron zu eine regelmäßigen Links-Rechts-Muster von Klicks im Kopfhörer mit den Fingern beider Hände einen gleich bleibenden Klopfrhythmus aufrechtzuerhalten. Er führt dies auf eine mangelhafte Koordination zwischen den beiden Hirnhälften der LRS Kinder zurück“
„Ausgehend von diesen Ergebnissen begründete Wolff seine Vermutung, dass die motorischen Defizite bei der Synchronisierung zwischen linker und rechter Hand die Folge einer Störung der interhemisphärischen Kooperation bei diesen Jungen mit Leseschwäche seien, ferner nahm er an, dass auch die Leseprobleme dieser Kinder die Folge einer Entwicklungsverzögerung der interhemisphärischen Kooperation seien.“ (ebenda)
Zu 6:
Wahl-Reaktionszeit
„Den Nachweis, dass bei derartigen Wahl-Reaktions-Aufgaben die auditiv-motorischen Zeiten der LRS Kinder deutlich denen der Kontrollgruppe unterlegen waren, verdanken wir wieder Professor Nicolson und seinem Team.…Dieses letzte Ergebnis legt nahe, dass wenigstens zwei Faktoren zu der Langsamkeit von LRS Kindern beiragen: Ein allgemeines Defizit, das sich in einer langsameren Reizklassifizierung zeigt, und ein linguistisches Defizit, das sich in einer langsameren lexikalischen Zugriffsgeschwindigkeit zeigt.
Das bestätigt weiter die Auffassung, dass LRS Kinder grundsätzlich ein breit angelegtes Automatisierungsdefizit aufweisen, das sich um so gravierender auswirkt, je komplexer und in einander vernetzt die Abfolge von Aufgaben wird, von denen jede Einzelne automatisiert sein müsste.“(ebenda)
Zu 7a
„Der amerikanische Neurowissenschaftler Professor Frank E. Musiek hat in längeren Versuchsreihen…herausgefunden, dass Probleme bei Versuchspersonen, diese Aufgabe zu bewältigen, in engem Zusammenhang mit deren sprachlicher Kompetenz standen.“ (ebenda)
Zu 7b
„Der oben erwähnte Neurowissenschaftler Musiek hat einen weitere Test entwickelt, bei dem er seinen Versuchspersonen rasche Folgen von jeweils drei aufeinander folgenden Tönen gleicher Tonhöhe, aber unterschiedlicher Dauer vorspielte…Musiek fand heraus, dass die Ergebnisse seiner zahlreichen Versuchspersonen auch bei diesem Test wiederum in engem Zusammenhang mit deren sprachlicher Kompetenz standen.“(ebenda)
Das Training besteht aus verschiedenen Einheiten, beginnend bei motorischen Übungen auf dem Wippbrett, sensorischen mit dem Brain Boy, Merkfähigkeitsübungen, Lautierungsübungen, Silbenweises Lesen, Blicksteuerungstraining, Arbeitsstrategie, und je nach Stand ergänzenden Übungen und Neurofeedback, je nach Kind als Freuqenztraining, SCP training, Biofeedbacktraining.
Wir bleiben immer am Einzelfall orientiert.
Schulgespräche, Elterntraining und emotionales Coaching sind selbstverständlich.